Artikel vom 28.09.2022
Schufa sieht drohende Überschuldung: Deutsche ächzen unter Lebenshaltungskosten
Inflation, steigende Energiepreise: Immer mehr Deutsche sind auf dem Weg in die Überschuldungs-Falle - und die Beratungszahlen der Schuldnerberatungen steigen fortlaufend. Auch die Wirtschaftsauskunftei Schufa stellt fest: Viele Bürger müssen verstärkt kämpfen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wie ernst ist die Lage für deutsche Verbraucher aktuell?
Lebenshaltungskosten: Es geht ans Eingemachte
Auf dem gerade stattgefundenen Handelsblatt-Bankengipfel warnte die CEO der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung vor den Gefahren wachsender Überschuldung. Wo die Ausgaben die Einnahmen Monat für Monat übersteigen, geht es ans Eingemachte: Banker beobachten, dass Menschen zunehmend ihre Ersparnisse angreifen. Laut Aussage der Sparkassen - die 55 Prozent an der Schufa halten - werden über kurz oder lang bis zu 60 Prozent der Haushalte ihre Einkünfte komplett für den Lebensunterhalt verbrauchen. Zumal - so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung - schon vor der Krise fast 40 Prozent der Verbraucher kein nennenswertes Polster ansparen konnten.
BNPL oder Halt dich fit mit Kleinkredit
Also werden immer mehr Kredite aufgenommen, um existenzielle Bedarfe wie Leben und Wohnen zu bestreiten. Die Schufa vermeldet 16 Prozent Zuwachs an Kreditanfragen innerhalb eines Jahres. Tatsächlich abgeschlossen wurden allerdings nur 8 Prozent mehr Kreditverträge - dem Rest der Kreditantragsteller scheint auch dieser Rettungsanker verwehrt zu bleiben. Auch beobachtet CEO Birkholz, es werde mehr auf Raten oder Rechnung gekauft. Um Dinge, die man sich eigentlich derzeit nicht leisten kann, nicht sofort zahlen zu müssen - frei nach BNPL, Buy now, pay later. Die Zahl der Konsumentenkredite von unter 1000 Euro stelle nun fast ein Drittel der Kredite überhaupt. Darüber hinaus werde bei Krediten bis 200 Euro und/oder Fälligkeit innerhalb weniger Wochen zugegriffen, die meist ohne Bonitätsprüfung zu haben sind. Laut Schufa erhöht diese niedrige Schwelle das Risiko sich zu verschulden zusätzlich.
Mehr Bonitätsanfragen, mehr Negativmeldungen
Obwohl die Negativmeldungen aktuell nur leicht steigen, rechnet Birkholz mit einer Zunahme in naher Zukunft. Kein gutes Zeichen, schlecht für die Verbraucher und schlecht für die Witschaft. Wie sehr sich die Situation von Geringverdienern verschärfe, hänge auch vom Entlastungspaket der Regierung ab. Auch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform warnt, dass Privatinsolvenzen zunehmen werden; das Verbraucherschutzministerium sieht für einkommensschwache, auf Gas angewiesene Haushalte ein hohes Überschuldungsrisiko. Wie zahlungskräftig sind Herr X oder Frau Y?, fragen Banken und andere Gläubiger täglich die Schufa: Dort gehen pro Tag im Durchschnitt um 300.000 Bonitätsanfragen ein, an manchen Tagen sogar mehr als eine Million. Doch wann kommt es zu einem negativen Schufa-Eintrag? Dann, wenn ein Verbraucher ausstehende Forderungen aus Autoraten, Bankkrediten oder Mietrückständen etc. nicht begleicht: Der nächste Schritt ist ein gerichtliches Mahnverfahren.
Kein Gläubiger vergisst seine Schuldner: Schufa Selbstauskunft bringt Klarheit
Sie sind selbst von Überschuldung bedroht? Stecken Sie Ihren Kopf nicht in den Sand. Der erste Schritt Richtung Schuldenfreiheit: Sich einen Überblick über die eigene Bonität verschaffen. Mindestens einmal im Jahr haben Verbraucher das Recht auf eine kostenlose Schufa Selbstauskunft. Dort sind Schufa-Einträge vermerkt, die sich für Sie negativ auswirken können. Da stimmt doch was nicht? Sie lesen richtig: Falsche oder veraltete Einträge in der Selbstauskunft sind alles andere als selten. Weil diese die Einschätzung Ihrer Bonität - Stichwort Schufa-Score - bedrohen, sollten Sie diese umgehend korrigieren bzw. löschen lassen!
Gesetz mit der heißen Nadel genäht? Energiepauschale ist pfändbar
Wie Tanja Birkholz im Handelsblatt treffend sagte: Es kommt auf die konkrete Ausgestaltung des Entlastungspakets an. Leider vermeldet die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB) dazu Erschreckendes: Knapp sieben Millionen Verbraucher kommen gar nicht erst an ihre 300 Euro Energiepauschale heran, die mit der Lohnabrechnung ausgezahlt wird. Denn sie liegen durch diese Summe über der Pfändungsfreigrenze. Wo verläuft diese derzeit? Die aktuelle Pfändungstabelle 2021 weist diese mit einem unpfändbaren Grundbetrag von 1.259,99 EUR pro Monat aus. Alles, was darüber liegt, ist weg.
Gesetzestechnischer Murks: Die Energiepauschale von der Pfändung auszunehmen, wurde - ebenso wie zuvor bei den Corona-Hilfen - schlicht vergessen. Auch wenn das Bundesfinanzministerium (BMF) nun auf seiner Website einräumt, die Energiepauschale sei nicht als Arbeitslohn pfändbar. Das genügt nicht!, mahnt die BAG-SB. Um das Geld im Rahmen einer tatsächlichen Lohnpfändung zu schützen, ist also dringend nachzubessern: Die Zeit läuft.
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