Artikel vom 20.05.2025

Bezahlt ist bezahlt, liebe Schufa! OLG Köln fällt Paukenschlag-Urteil



Erledigt! Oder auch nicht: Obwohl Sie Ihre Schulden beglichen haben, steht der Negativeintrag noch immer sichtbar in der Schufa. Doch endlich scheint ein Urteil diese jahrzehntelange Praxis zu kippen. Zumal sie dem Normalbürger-Rechtsempfinden krass entgegensteht: Wieso werde ich finanziell benachteiligt, obwohl ich alles längst bezahlt habe? Und wer ersetzt mir den Schaden?

Bonität 36 Monate beschmutzt, trotz Zahlung

Kommt in den besten Haushalten vor: Rechnung verschlampt, knapp bei Kasse, Bezahlung aufgeschoben - schon ist er da, der hässliche Schufa-Eintrag, oft mit erheblichen Folgen für die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit. Also schnell bezahlen? Selbst dann bleibt der Makel bis zu 36 Monate eingetragen, um zum Stolperstein zu werden - von Mietvertrag bis Kredit. Bisher speichern Auskunfteien wie die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) bezahlte Forderungen oft jahrelang im System. So dass eigentlich erledigte Forderungen die Kreditwürdigkeit weiter belasten. Ausgenommen davon nur:

- Schuldnerverzeichnis-Einträge, Erledigung gerichtlich bestätigt, gelöscht vor 36-Monatsfrist
- einmalige Zahlungsstörungen, ausglichen binnen 100 Tagen nach Schufa-Meldung, nach 18 Monaten löschbar
- Kreditanfragen, nach 12 Monaten gelöscht
- erfolgreiches Insolvenzverfahren, Löschung sechs Monate danach

Schluss damit!, sagen OLG Köln und LG Aachen

Jetzt entschieden Oberlandesgericht (OLG) Köln und Landgericht (LG) Aachen: Ist eine Schuld beglichen, muss der zugehörige Eintrag gelöscht werden. Geschieht dies nicht, können betroffene Verbraucher ggf. Schadensersatz fordern. Ein Paukenschlag! Der jahrzehntelang gelebten Speicher-Praxis steht das juristische Aus ins Haus, was das Geschäftsmodell von Auskunfteien für immer verändern könnte. Wie kam es zu diesem wichtigen Urteil am OLG Köln (10.04.2025, Az. 15 U 249/24)? Ein Verbraucher hatte drei unbestrittene Forderungen Stück für Stück beglichen. Wobei es keineswegs um Unsummen, sondern jeweils nur dreistellige Beträge ging. Ende 2023 klagte er gegen die Schufa, verlangte die Löschung seiner Negativeinträge sowie Schadensersatz, weil man diese an Banken und Telekommunikationsfirmen weitergereicht hatte - zulasten seiner Bonität.

Schufa: Berechtigtes Interesse bekräftigt

Konkret im Fokus: Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Datenverarbeitung ist erlaubt, wenn Auskunftei bzw. deren Partner - wie Wohnungsgesellschaft, Bank etc. - diese durchführen, weil sie ein berechtigtes Interesse daran haben. Aber sie ist es nicht, wenn die Interessen des betroffenen Verbrauchers dem entgegenstehen. Na klar, wir haben ein berechtigtes Interesse, so die Schufa. Man verwies auf Statistiken, die zeigten, dass jemand, der schon einmal Zahlungsprobleme hatte, mit großer Wahrscheinlichkeit erneut dazu neigt. Des Weiteren berief sich die Auskunftei auf interne Übereinkünfte ihres Verbande, abgesegnet durch einen Datenschutzbeauftragten. Wonach die Speicherung von drei Jahren bzw. 18 Monaten unter bestimmten Voraussetzungen Usus sei.

Europarecht: Bezahlt heißt gelöscht!

Nein, so der Kläger, das ist ein Eingriff in mein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung! Das OLG Köln gab dem Verbraucher Recht: Zahlungsstörungen, die im öffentlichen Schuldnerverzeichnis stehen - oder stehen könnten -, müssen sofort raus! Nach reiflicher Abwägung - zwischen der unternehmerischen Freiheit der Beklagten gem. Art. 16 GRCh und dem Recht des Klägers gem. Art. 7 GRCh - wies das Gericht die Argumente der Schufa zurück: Europäisches Recht (EuGH) 7.12.2023, C-634/21) stehe über privaten Regelwerken. Demnach dürfen Auskunfteien Informationen zur Restschuldbefreiung nur so lange wie öffentliche Insolvenzregister speichern. Etwas, das auch für bezahlte Forderungen gelte. Ganz gleich, ob ein Eintrag sich zuvor für die Aufnahme ins Schuldnerverzeichnis qualifiziert hat oder nicht, bezahlt ist gelöscht. Weil § 882e Zivilprozessordnung (ZPO) besagt: Ein Eintrag ist bei Nachweis vollständiger Bezahlung zu tilgen. Und was für schwere Zahlungsausfälle gelte, gelte für einfache Erledigungsvermerke schon lange.

Schadensersatz wegen Rufschädigung

Im vorliegenden Fall hatte die Schufa zwei der Einträge regulär nach drei Jahren gelöscht, den dritten gemäß neuer Auskunftei-Vorgaben nach 18 Monaten entfernt. Okay, der Löschwunsch war abgehakt, aber wie sah es mit Schadensersatz wegen zu langer Speicherung aus? Das OLG Köln sprach dem Verbraucher 500 Euro zu. Unrechtmäßige Speicherung und negative Scorewerte hätten einen immateriellen Schaden gem. Art. 82 DSGVO verursacht. Eine Rufschädigung, die der Kläger auch konkret nachweisen konnte. Mehr noch stellte das Gericht klar, dass sich die Schufa nicht auf die Speicherung durch Dritte berufen konnte, sondern wertete die erfolgte Datenverarbeitung als eigenständige Verletzung. Auch das Landgericht (LG) Aachen schloss sich dieser Sicht mit seinem Urteil vom 17.4.2025 (Az. 8 O 224/24) an.

Verbraucher: Aktiv werden, Selbstauskunft anfordern!

Noch ist das Urteil des OLG Köln nicht rechtskräftig, die Schufa wird Rechtsmittel einlegen; wegen der tiefgehenden Relevanz ist die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Trotzdem können Verbraucher schon jetzt aktiv werden: Haben Sie Anspruch auf Löschung, vielleicht sogar auf Schadensersatz? Sie können sich auf die aktuellen Urteile berufen, um die schnellstmögliche Löschung erledigter Negativeinträge einzufordern. Was haben Schufa oder andere Wirtschaftsauskunfteien zu Ihnen gespeichert? Fordern Sie eine kostenlose Selbstauskunft gem. Art. 15 DSGVO an, um die Einträge zu prüfen. Der Vermerk neben der Forderung lautet "erledigt"? Das genügt nicht, der Eintrag muss ganz verschwinden. Dazu fordern Sie die Auskunftei zur vollständigen Löschung gem. Art. 17 DSGVO auf - Nachweise wie Kontoauszüge nicht vergessen! Ggf. müssen Sie eine Frist von 14 Tagen setzen. Tut sich nichts, wenden Sie sich an den Datenschutzbeauftragten Ihres Bundeslandes.

Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen

Das aktuelle Urteil des OLG Köln ist ein echter Meilenstein der Datenschutz-Rechtsprechung! Einmal rechtskräftig, werden die Konsequenzen für Verbraucher wie Auskunfteien erheblich sein. Die Entscheidung stärkt die Verbraucherposition vor allem im Kontext von Schadensersatz für immaterielle Nachteile aus Rufschädigung. Und die Auskunfteien? Fußte ein Großteil der Bonitätseinstufungen auf einer Historie - zum Teil erledigter! - Zahlungsausfälle, könnte nun die Basis dafür wegbrechen: Für eine ganze Branche stehen vertraute Geschäftspraktiken im Umgang mit Verbraucherdaten auf dem Prüfstand!

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