Artikel vom 08.09.2021
Datenschutz und Selbstauskunft am Arbeitsplatz - von Bewerbung bis Impfstatus
Nur Arbeitnehmerdaten, die für das Arbeitsverhältnis notwendig sind, darf der Arbeitgeber speichern - wie Stammdaten, Ausbildung und Qualifikation. Was müssen Arbeitgeber im Umgang damit beachten? Dürfen sie auch nach Gesundheitsdaten wie dem Impfstatus fragen? Und wie erfahren Arbeitnehmer, was ihr Chef über sie weiß?
Welche Daten dürfen Arbeitgeber speichern?
Von Bewerbung bis Beschäftigungsende: Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) schreibt vor, dass Arbeitgeber nur Arbeitnehmerdaten verarbeiten und speichern dürfen, die für die Begründung, Durchführung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erfordert werden, wie z. B.
- Name
- Geburtsdatum
- Staatsangehörigkeit
- Religionszugehörigkeit
- beruflicher Werdegang
- Personalnummer
- Gehalt
- Bankverbindung
- Abmahnungen
Aber nicht nach Gutsherrenart: Ein Chef muss für DSGVO-konformen Datenschutz sorgen. Seit 25. Mai 2018 gilt die Datenschutzgrundverordnung der EU (DSGVO) - und schützt die Daten von Mobilfunk- oder Shopkunden genauso wie die von Arbeitnehmern. Was kümmert's mich als Kleinunternehmer? Die DSGVO gilt nicht nur für die Großen, sondern auch Firmen mit nur einem Angestellten.
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Bewerber = Beschäftigte
Nur Daten mit Bedeutung für die Auswahl im Bewerbungsprozess darf der potenzielle Chef speichern. Zwar darf er im Bewerbungsgespräch fragen, was er möchte, aber Bewerber müssen nur auf für die Stellenbesetzung relevante Fragen antworten - wie nach beruflichem Werdegang oder Arbeitszeugnissen. Was, wenn ich vorbestraft bin? Geht es um einen Job in der Buchhaltung oder an der Kasse, ist diese Frage durchaus legitim. Alle Antworten werden anschließend Teil der Personalakte.
Erlaubnis zur Datenverarbeitung einholen? Immer!
Der Chef hat an Ihren Geburtstag gedacht? Oder ein Foto von Ihnen in Aktion auf der Firmenwebsite veröffentlicht? Wie schön - aber auch dazu muss er vorher Ihre Einwilligung einholen. Hier sind Arbeitgeber mit einem schriftlichen Okay auf der sicheren Seite. Kurz: Arbeitgeber dürfen Mitarbeiterdaten nie stillschweigend speichern, sondern müssen den Arbeitnehmer - im Arbeitsvertrag oder per separatem Informationsschreiben - informieren, dass seine Daten verarbeitet werden. Bei einer Weiterleitung an Steuerberater oder Dienstleister wie Lohnbüros ist zusätzlich ein Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) zu schließen.
Wann müssen Mitarbeiterdaten gelöscht werden?
Sie haben eine Absage auf Ihre Bewerbung erhalten? Spätestens sechs Monate nach dem Datum auf dem Absageschreiben sind Ihre Bewerberdaten zu löschen. Das Unternehmen will Ihre Daten speichern, um Sie später zu kontaktieren, wenn eine Stelle frei wird? Nicht ohne Ihre vorherige schriftliche Einwilligung! Nach Ende eines Arbeitsverhältnisses dagegen sind Daten aus Gründen betrieblicher Altersvorsorge oder aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungsfristen aufzubewahren. Bei Gehaltsunterlagen sind dies zehn Jahre, weil sie maßgeblich für die Gewinnermittlung sind. Auch Arbeitszeiten sind unbedingt festzuhalten, da sie die Basis für die Lohnberechnung bilden. Bei Mindestlohn ist sogar eine tägliche Erfassung der Arbeitszeit vorgeschrieben. Auch solche Arbeitszeitdaten sind nach Ende des Arbeitsverhältnisses zu löschen.
Darf der Arbeitgeber nach der Gesundheit fragen?
Das kommt auf den Einzelfall an: Ist ein Bewerber mit chronischem Rückenleiden dem körperlich fordernden Job eines Fliesenlegers gewachsen? Diese Frage ist berechtigt! Ansonsten genießen Gesundheitsdaten besonderen Schutz. So darf der gelbe Schein - die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) - gespeichert werden, weil zwecks Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ein berechtigtes Interesse daran besteht. Aber warum und wann Sie krank waren, geht niemanden etwas an. Auch nicht die Kollegen: Eine Übersicht der Krankheitstage der Mitarbeiter öffentlich in der Firma auszuhängen, ist verboten. Also wird schon mal getrickst: Wer hat(te) wann Urlaub? Ein Abwesenheitskalender tritt an die Stelle.
Muss ich Selbstauskunft zum Impfstatus erteilen?
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert die Forderung nach einer Selbstauskunft zum Impfstatus scharf: Die Information, ob ein Arbeitnehmer geimpft oder ungeimpft sei, unterliege - wie alle Gesundheitsdaten - dem Datenschutz. Der DGB sieht darin einen ungesetzlichen Versuch, die Arbeitsschutzverantwortung auf die Beschäftigten abzuschieben. Schließlich habe das TOP-Prinzip mit technische und organisatorischen Maßnahmen wie z. B. Home Office Vorrang. Impfen dagegen sei kein Arbeitsschutzinstrument und ersetze keinen Arbeitsschutz. Mit Recht, da inzwischen Fakt ist, dass nicht nur Ungeimpfte, sondern auch Geimpfte Corona übertragen können, weil eine Impfung dies nicht zuverlässig verhindert. Eine entsprechende Gesetzesvorlage will jetzt den Gesundheitsdatenschutz bei Beschäftigten in bestimmten Einrichtungen lockern. Wer z. B. in
- Schule
- Kindergarten
- Ausbildungsstätte
- Behinderten- und Pflegeeinrichtung
- Krankenhaus
- Labor
- Arztpraxis
- Obdachlosenheim
- Asylbewerberunterkunft
- Gefängnis
arbeitet, muss seinem Arbeitgeber auf die Frage nach dem Impfstatus antworten. Begründung: Nur dann können Arbeitgeber betrieblich darauf reagieren - und andere im Betrieb schützen.
Mitarbeiter haben ein Recht auf Selbstauskunft
Fragen Sie Ihren Arbeitgeber: Welche meiner Daten haben Sie welchen Zwecken verarbeitet? Auch so genannte personenbezogene Leistungs- und Verhaltensdaten oder Ergebnisse interner Ermittlungen gehören übrigens dazu - in Kopie. Chefs stellen sich hier manchmal quer: In einem Kündigungschutzprozess vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg berief sich ein Arbeitnehmer mit Erfolg auf sein Recht auf Selbstauskunft gem. Art. 15 DSGVO. Nein, sagte der Arbeitgeber - und argumentierte mit den Interessen der Whistleblower, die Auskünfte über den Mitarbeiter an ihn geleakt hatten.
Umfangreiches Auskunftsrecht gegenüber Arbeitgeber wahrnehmen
Seit Inkrafttreten der DSGVO werden Verstöße gegen den Datenschutz strenger geahndet - mit Bußgeldern von bis zu 20 Millionen Euro (Art. 83 DSGVO). Die Rechte von Arbeitnehmern, per Selbstauskunft mittels elektronischer Kopie Einsicht in ihre Daten zu nehmen, wurden klar gestärkt. Auf der anderen Seite erweitert der neue Auskunftsanspruch zum Impfstatus die Rechte des Arbeitgebers, auf einen sensiblen, bisher geschützten Bereich zuzugreifen. Schon hat sich in einigen Unternehmen die Praxis etabliert, eine Mitarbeiter-Selbstauskunft per Fragebogen einzuholen - und fragt nach Gesundheitsdaten wie:
- Gesundheitszustand
- Aufenthalten in Risikogebieten
- Kontakt zu infizierten Personen
Wie weit darf der Arbeitgeber dabei gehen?
Kein Arbeitnehmer muss einen solchen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Denn speichert der Arbeitgeber dieser Information aus der Selbstauskunft, erfasst er damit Gesundheitsdaten gem. Art. 4 Nr. 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Etwas, das nur in sehr engen Grenzen von Art. 9 Abs. 2 DSGVO zulässig ist.
Dürfen sensible Gesundheitsdaten in der Pandemie verarbeitet werden?
Das Gremium unabhängiger deutscher Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern, die Datenschutzkonferenz, gibt Arbeitgebern Handreichungen zur datenschutzkonformen Erhebung und Verarbeitung. Rechtsgrundlage soll z. B. Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO, § 26 Abs. 3 BDSG sowie das Infektionsschutzgesetz bilden. Dabei bewertet die Datenschutzkonferenz die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitenden höher (§ 618 Abs. 1 BGB) als das schutzwürdige Interesse des Betroffenen bzw. Ungeimpften: § 3 Arbeitsschutzgesetz verpflichte Unternehmer, Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz auszuschließen.
Ist all dies mit Datenschutzrecht vereinbar?
Manche Arbeitsrechtsexperten sind der Auffassung, dass Arbeitnehmer verpflichtet sind, auf Gesundheitsfragen ehrlich zu antworten, um Dritte vor Schaden zu bewahren. Vorzugsweise solle der Arbeitnehmer eine Einwilligung erteilen, bevor er eine solche Selbstauskunft ausfüllt. Diese kann an Voraussetzungen geknüpft sein wie:
- schriftliche Einwilligung zur Selbstauskunft
- Zweck der Selbstauskunft klar definiert
- freiwillige Auskunft, nicht unter Druck
- mit Widerrufsbelehrung
- Belehrung, dass bei Verweigerung keine Nachteile drohen
Muss ich meinem Chef sagen, ob ich geimpft bin?
Am 7.9.2021 entscheidet der Bundestag darüber; am 10.09.2021 muss der Beschluss noch den Bundesrat passieren. Künftig dürfen Chefs die "Daten eines Beschäftigten zu dessen Impf- und Serostatus verarbeiten". Arbeitgeber, deren Mitarbeiter auf die Frage "Sind Sie geimpft?" ein "Nein" bekommen, sind dann berechtigt, Ungeimpfte im Unternehmen "unterschiedlich einzusetzen" sowie "von einer Beschäftigung Ungeimpfter abzusehen". Eine Regelung, die nur während der epidemischen Lage nationaler Tragweite gilt, die kürzlich um drei Monate verlängert wurde. Die ärztliche Schweigepflicht wird dadurch nicht tangiert, denn Daten sind direkt bei den Beschäftigten zu erheben. Doch müssen Sie auf die Frage nach dem Impfstatus überhaupt antworten? Ja, weil es sich um eine neue Auskunftspflicht für Arbeitnehmer handelt: Bei Pflichtverletzung droht die Kündigung.
Diese Artikel könnten Sie auch interessieren |
Kostenlose Selbstauskunft online anfordern
3. CRIF GmbH
6. Regis24 GmbH