Artikel vom 09.10.2024
Elektronische Patientenakte: Kontrolle über Gesundheitsdaten behalten!
Die Elektronische Patientenakte (ePA) kommt. In diesem digitalen Gesundheitsfolder steckt alles drin: Befunde, Medikationspläne, Röntgenbilder und mehr. Ziel und Zweck: Den Informationaustausch zwischen Ärzten, Apotheken, Krankenhäusern und Patienten vereinfachen. Doch wie funktioniert das? Und was, wenn ich keine ePA will?
Alle Gesundheitsdaten kompakt auf dem Handy
Anfang 2025 ist es soweit: Die Elektronische Patientenakte (ePA) geht an den Start - und bündelt alle Gesundheitsdaten in einer App und Anwendung, von Arztbrief über Laborbefund bis zu verschriebenen Medikamenten. Darüber hinaus können Patienten auch eigene Dokumente in ihrer ePA ablegen. Mit Einlesen der Gesundheitskarte erhält der Arzt 90 Tage ePA-Zugriff. Wie praktisch! Endlich Schluss damit, als Mediziner jedem Befund zeitraubend hinterher zu telefonieren. Als Patient habe ich - Krankenkassen-App seit Dank - alle Gesundheitsdaten stets auf dem Smartphone dabei, Betriebssystem ab Android 9 bzw. iOS 16 vorausgesetzt. Desktop-PC und Laptop-Nutzer handhaben ihre Gesundheitsinfos künftig mit Windows oder macOS, plus Kartenlesegerät ab Sicherheitsklasse 2. Angemeldet wird sich per NFC-fähiger Gesundheitskarte (Near Field Communication), PIN und Gesundheits-ID, vergeben durch die Krankenkasse.
Sechs Wochen, um der ePA zu widersprechen
Sie sind privatversichert? Einige private Krankenversicherungen bieten die elektronische Patientenakte als Wahloption an. Für gesetzlich Versicherte dagegen wird eine ePA angelegt - ohne Ausnahme. Es sei, denn Sie widersprechen der Einrichtung: Seit Juni 2024 verschicken die 96 deutschen Krankenkassen Infobriefe zur ePA. Mussten Patieten zuvor dem Anlegen einer Gesundheitsakte per Opt-In zustimmen, ist nun der Einrichtung zu widersprechen. Eine Opt-Out-Möglichkeit, von der bis dato allerdings erst unter fünf Prozent der Patienten Gebrauch gemacht haben. Gewisse Eile ist dabei geboten, denn mit Zugang des Kassenschreibens läuft die sechswöchige Widerspruchsfrist. Sie haben kein Handy, kein digitales Endgerät? Dann müssen Sie Ihren Widerspruch an die Ombudsstelle Ihrer Krankenkasse richten. Wer die Frist versäumt oder seine Meinung ändert, kann später noch widersprechen - und die fertige ePA mit allen Daten darin löschen lassen.
Patienten Datenschutz in der (Arzt-)Praxis
Damit die sensible Patientenakte nicht in unbefugte Hand gerät, versprechen die Macher der ePA, dass Patienten selbst entscheiden, wer Zugriff darauf erhält. Kontrolle mit Lücken, denn diese steht und fällt auch mit der Organisation im Praxisablauf. Wie z. B. der effektiven Verhinderung unbefugter Einsichtnahme in Patientenunterlagen über Computerbildschirme & Co. Ärzten, die gegen Patienten-Datenschutz wie die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten gem. Art. 5 DSGVO verstoßen, drohen Bußgelder von bis zu 20.000 Euro bzw. bis zu vier Prozent des vorigen Jahresumsatzes. Wie erfahren, was Ihr Arzt zu Ihnen gespeichert hat? Gem. EuGH, Art. 15 Abs. 3 DSGVO, § 630g BGB sowie § 28 Abs. 3 Röntgenverordnung haben Sie ein Recht auf Selbstauskunft und eine kostenlose Erstkopie (bzw. Speichermedium) Ihrer Patientenakte. Ihr Interesse an dieser Selbstauskunft müssen Sie nicht begründen.
Anspruch auf Selbstauskunft geltend machen
Um Missverständnissen vorzugreifen: Dieser Vorgang der unverzüglichen Einsichtnahme wird sich mit Einführung der ePA nicht automatisieren! Weiterhin ist zu prüfen, ob einer Einsichtnahme therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Haben Arzt oder Krankenkasse eine Bitte um Selbstauskunft erhalten, müssen sie spätestens in Monatsfrist darauf antworten. Patientenschützer wie der Verein Patientenrechte und Datenschutz e. V. bemängeln die schleppende Praxis im Bereich Selbstauskunft, nicht zuletzt im Schmerzensgeld-Kontext. Schließlich sei der Pool an kritischen Daten zu Erkrankungen, Therapien, Patienten-Einkommen etc. äußerst umfangreich. Einschlägige Urteile bekräftigen, dass sich dieser Auskunftsanspruch gem. Erwägungsgrund 63 zur DSGVO ausdrücklich auch auf Gesundheitsdaten erstreckt, von Diagnose über Untersuchungsergebnisse bis zum chirurgischen Eingriff.
Hausärzte kritisieren Gesundheitsdatennutzungsgesetz
Skeptisch sieht Hausärztinnen- und Hausärzteverband das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG): Künftig sollen die Krankenkassen verschriebene Medikamente per Software auswerten, um unerwünschte Wechselwirkungen vermeiden zu helfen. Dies seien Interaktionschecks bei chronisch Erkrankten, die außerhalb der Praxis erfolgten, moniert der Verband. Die individuelle Krankengeschichte sei zu wichtig, um soetwas den Krankenkassen zu überlassen. Andere Stimmen befürchten ein Aufweichen der in Strafgesetzbuch und Berufsordnung streng geschützen ärztlichen Schweigepflicht - und dass sensible Gesundheitsdaten in falsche Hände geraten: Wie anfällig ist die neue elektronische Patientenakte, die eine umfangreiche Vernetzung von Patientendaten erlaubt, für Cyberangriffe und Datenlecks?
Handycap: Wie ePA ohne Smartphone nutzen?
Fakt ist auch: Ohne digitales Endgerät kein autonomer Zugriff auf die eigene ePA! Was vielen Senioren und Menschen mit Handycap die ePA-Nutzung erschwert. Solche Personengruppen müssen sich bei jedem Schritt an die Ombudstelle ihrer Krankenkasse wenden - oder eine Person ihres Vertrauens benennen, die dann ePA-Zugriff erhält. Als Mensch ohne Computer und Handy bestimmte Ärzte oder Leistungserbringer ausschließen, Dokumente verbergen? Ohne App nur per Ombudsstelle - die dann hoffentlch zügig arbeitet. Vom Vertrauen in die digitale Patientenakte gar nicht zu reden: Denn nur, nur wer sich sicher sein kann, dass seine persönlichen Angelegenheiten vertraulich bleiben, wird seinem Arzt auch künftig alle wichtigen Fakten nennen - unverzichtbar für effektive Beratung und Therapie!
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