Artikel vom 23.11.2020

Lästige Werbung & Co.: Auch für Adresshändler gilt das DSGVO-Transparenzprinzip!



Adressen von Unternehmen und Privatpersonen verkaufen - das Kerngeschäft der Adresshändler. Ist das legal? Schließlich schützt die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) das Recht jedes EU-Bürgers an seinen eigenen Daten. Immer wieder, wie aktuell in Wien, nehmen es Adressverlage mit der DSGVO nicht so genau. Was dürfen Adresshändler?

AZ Direct: Keine Ahnung, woher diese Daten stammen

Adressdaten sammeln und vertreiben - Brot- und Buttergeschäft einer ganzen Branche. Aber auch, wer mit Adressen handelt, muss sich einige Regularien gefallen lassen. AZ Direct Wien sträubt sich derzeit: Der Adressverlag sammelte gewisse Daten unautorisiert. Sowohl Datenquelle als auch Verkaufsadressaten blieben im Dunkeln. Jetzt reichten Datenschützer der Organisation Noyb Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde ein. Die (An-)Frage auf Selbstauskunft nach Artikel 15 DSGVO (EU-Datenschutz-Grundverordnung) im konkreten Fall: Wer hat(te) Zugriff auf die Daten eines Noyb-Juristen? Denn der Wiener Adresshändler verfügt über die Wohnadresse des Mannes, wisse allerdings nicht, woher diese stamme. Unglaubwürdig!, so die Reaktion der Initiative. Denn es gehöre zum Kerngeschäft, als Adresshändler soetwas zu wissen. Und verglich AZ Direct mit einem Supermarkt: Dieser wisse auch, woher das an der Feinkosttheke angebotene Fleisch komme. Auch wer Datenzugriff hatte, sagte der Adressverlag nicht, sondern lieferre nur allgemeine Empfängerkategorien.

DSGVO Transparenzprinzip: Daten so speichern, dass ihr Weg nachvollziehbar ist

Die Nyob dagegen ist überzeugt: Adresshandel ist keine Blackbox. Verstößt AZ Direct gegen die seit Mai 2018 geltende DSGVO und das Recht jeden Bürgers auf Auskunft und Informationen? Fest steht, dass Firmen auch ungeachtet wirtschaftlicher Überlegungen aufzeichnen müssen, woher Daten stammen. Das Transparenzprinzip der DSGVO verlangt, Daten so zu speichern, dass ihr Weg im Fall eines Auskunftsersuchens nachvollziehbar ist. Weil sich nur so die Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung prüfen lässt. Insofern ist Intransparenz besonders in Branchen, die mit Adressen handeln, ein besonders sensibles Thema. Fakultativ ist die Erfüllung von Informationspflichten nur, wenn dies einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt (gem. Artikel 14 DSGVO, Absatz 5b). Etwas, das im aktuellen Fall kaum zutreffen dürfte. Aber könnte Artikel 6, Absatz 1f das schützenswerte Interesse Betroffener aushebeln? Ja, vorausgesetzt, eine schriftlich dokumentierte Interessenabwägung kommt zu folgendem Schluss: Das Marketinginteresse des Unternehmens wiegt schwerer als das Bürgerinteresse - eine Abwägung, die vor Gericht standhalten muss. Entsprechende Urteile in diesem Kontext stehen aber derzeit noch aus.

Schluss mit unerwünschter Werbung, Daten löschen lassen

Handeln bestimmte Adresshändler auch mit Ihrer Postanschrift - ohne Ihre Einwilligung? Als EU-Bürger haben Sie ein Recht auf Selbstauskunft. Denn die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat Ihr Recht an Ihren Daten gestärkt. Wozu? Beispielweise, damit Sie personenbezogene Daten und Merkmale, die sich eindeutig auf Sie beziehen - wie Adresse, Name, Alter oder besondere Vorlieben - löschen lassen können. Um endlich Schluss mit unerwünschter Kontaktaufnahme zu Werbezwecken zu machen. Oder Spendenaufrufen in der Adventszeit: Denn auch Spendenorganisationen nutzen kommerzielle Adresshändler oder kommen durch Versandhändler oder Preisausschreiben an Ihre Adresse. Sie möchten spenden, aber sind sich nicht sicher, ob eine Organisation seriös ist? Bitten Sie um Zusendung des Jahresberichts oder prüfen Sie, ob der Spendensammler als gemeinnützig anerkannt ist.

Was ist über Sie gespeichert? Recht auf Selbstauskunft wahrnehmen

Wer lästige Kontaktaufnahmen durch Firmen verhindern will, kann von seinem Recht auf eine transparente Selbstauskunft, der Auskunft nach Art. 15 DSGVO, Gebrauch machen - nicht nur bei der Schufa, sondern auch bei Adresshändlern wie der AZ Direct GmbH oder der Deutschen Post Adress GmbH & Co. KG. Welche Daten sind dort zu Ihnen gespeichert? Und woher stammen Ihre Daten und an wen wurden diese weitergeleitet? Google allerdings darf hier als gewisser Sonderfall gelten - weil man dort Datensätze mittels Zufallskennungen anlegt. Um solche Daten zu löschen, müssen Sie beweisen, dass Ihr Name dahintersteckt - faktisch so gut wie unmöglich. Erst, wenn Sie erkennen können, an welche konkreten Unternehmen Ihre Daten gegangen sind, hat Ihre Forderung nach Löschung oder Sperrung eine wirkliche Chance. Erster Ansprechpartner bei Datenschutzproblemen ist der Datenschutzbeauftragte Ihres Bundeslandes.

Warum Sperren statt Löschen Sinn macht

Sämtliche Daten müssen bzw. dürfen Unternehmen jedoch gar nicht löschen! (Rechnungs-)Daten wie z. B. von Geschäftskontakten sind länger zu speichern. Daten ungefragt für weitere Zwecke nutzen oder einfach weiterverkaufen? Das ist verboten. Gewusst? Sie können der Nutzung auch widersprechen bzw. Ihre Daten für die Nutzung sperren lassen. Denn anders als bei einer Löschung können Sie so verhindern, dass Werbetreibende Ihre Daten - etwa mithilfe von Adresshändlern - im nächsten Schritt einfach nur frisch erheben.

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