Artikel vom 10.08.2021

Neustart mit weißer Weste: Schufa muss Eintrag zur Restschuldbefreiung löschen



Eintrag der Restschuldbefreiung? Klingt nach etwas Positivem. Die Befreiung ist dies auch, der Eintrag selbst dagegen nicht. Denn er verrät, dass ein Verbraucher eine Insolvenzgeschichte hat. Jetzt urteilte das Oberlandesgericht Schleswig: Vermerke, die verraten, dass die Restschuldbefreiung erteilt wurde, sind nach spätestens sechs Monaten zu löschen.

Endlich schuldenfrei! Aber leider weiter in der Schufa

Jeder, der sein Insolvenzverfahren erfolgreich gemeistert hat, wird von der Restschuld befreit. Dazu ergeht ein Beschluss, dessen Vermerk Eingang ins Schuldnerverzeichnis findet - und in die Schufa-Daten. Ein Insolvenzverfahren ist, im übrigen, für viele Betroffene kein Spaziergang, sondern ein langwieriger Kraftakt. Trotzdem werden sie am Ende ihrer Bemühungen um eine Reputation als kreditwürdiger Verbraucher bzw. Unternehmer mit einem Makel auf der neuen weißen Bonitätsweste bestraft. Denn solange der "Erledigt"-Vermerk zur Restschuldbefreiung in der Schufa-Auskunft steht, ist die Aussicht auf Kredit, Mobilfunkvertrag, die Anmietung einer neuen Wohnung oder ein normales Bankkonto statt Jedermann-Konto für Restschuldbefreite gering.

Restschuldbefreiung: 6 Monate später aus dem Schuldnerverzeichnis verschwunden

Die Schufa muss den Eintrag zur Restschuldbefreiung löschen, urteilte das Oberlandesgericht Schleswig am 02.07.2021 (Az.: 17 U 15/21). Was bedeutet Restschuldbefreiung? Das Insolvenzgericht erlässt die Schulden, die vor Insolvenzeröffnung bestanden. Der Weg der Insolvenz steht allen Schuldnern, die ihre Schulden nicht mehr zahlen können, offen. Früher dauerte dies sechs Jahre, kürzlich wurde die Verfahrensdauer in der Insolvenzordnung auf drei Jahre verkürzt. Dann folgt die ersehnte Restschuldbefreiung. Der Eintrag zu deren Erteilung verschwindet aus dem öffentlich einsehbaren Schuldnerverzeichnis nach sechs Monaten. Auskunfteien wie die Schufa übernehmen solche Daten und speichern sie. Ihr Argument: Restschuldbefreite Schuldner verfügten über kein Vermögen. Daher sei die Gefahr, dass sie sich direkt neu verschuldeten, hier hoch. Partner der Schufa wie Banken, Handyanbieter, Online-Händler etc. hätten daher ein Recht darauf, vor diesen gewarnt zu werden.

DSGVO seit 2018: Verhaltenskodex statt feste Speicherfristen

Kreditanfragen, Anfragen zu Kreditkonditionen sowie durch Unternehmen an die Schufa hat diese nach zwölf Monaten zu löschen. Titulierte Forderungen von mehr als 1.000 Euro werden drei Jahre nach Begleichen gelöscht. Nur der eigentlich hoffnungsvolle Vermerk der Restschuldbefreiung steht - und zwar taggenau - für ganze drei Jahre weiter im Schufa-Datenbestand. Genauso, wie Informationen dazu, dass eine Restschuldbefreiung versagt wurde. Redlich oder unredlich - für die Schufa anscheinend kaum ein Unterschied. Redliche Schuldner waren so oder so gebrandmarkt: Noch bis Mai 2018 galt das alte Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Unternehmen durften grundsätzlich Daten aus allgemein zugänglichen Quellen übernehmen und für drei Jahre speichern; die Rechtsprechung fand gem. BDSG nichts Unrechtmäßiges an einem Speichern des Merkmals "Restschuldbefreiung erteilt". Inzwischen gilt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO): Zwar fällt das Privileg für die Verarbeitung von Daten aus öffentlichen Quellen weg, aber eine konkrete Löschfrist gibt es auch nicht. Wann sind nun Daten zu löschen? Laut DSGVO dann, wenn ihre Verarbeitung nicht rechtmäßig oder nicht mehr notwendig ist. So gilt unter Auskunfteien, darunter die Schufa, lediglich ein brancheneigener Verhaltenskodex mit bestimmten Fristen - wie drei Jahren für die Daten der Restschuldbefreiung.

OLG Schleswig: Schufa hat kein berechtigtes Interesse

Das aktuelle Urteil des OLG Schleswig will dieser Praxis jetzt ein Ende setzen, Und beantwortete die folgende Frage: Welches berechtigte Interesse hat die Schufa an einer solchen dreijährigen Speicherung? Keines, weshalb es genüge, so das Gericht, den Vermerk nach sechs Monaten zu tilgen. Ein wegweisendes Urteil unter der DSGVO, weil es eindeutig regelt, wie lange das Merkmal der Restschuldbefreiung gespeichert werden darf. Das einzige bisherige Urteil dazu sprach das Landgericht Frankfurt/Main in 2018, nahm allerdings nur die Umstände des Einzelfalls in den Fokus. Einige Landgerichte und Oberlandesgerichte dagegen gingen auch unter der neuen DSGVO von rechtmäßiger Datenverarbeitung aus. Das OLG Schleswig weicht von diesem Kurs ab, überzeugt, dass es für die Verarbeitung des Vermerks der Restschuldbefreiung eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO brauche - eine andere Rechtsgrundlage reiche hier nicht. Für die Zeit, wo der Vermerk (§ 3 InsOBekV) frei im Internet zu sehen sei, sei die Datenverarbeitung durch ein berechtigtes Interesse gedeckt. Ein Auskunftei-Verhaltenskodex mit eigenen Speicher- und Löschfristen dagegen sei keine ausreichende Basis für eine Datenverarbeitung nach Ablauf der offiziellen sechsmonatigen Löschfrist.

Frühere Insolvenz weiter publik machen? Schluss damit!

Dieses Urteil ist eine Sensation. Denn es macht klar: Nur ein Schuldner, dessen frühere Insolvenzhistorie ebenso wie seine Schulden getilgt ist, hat nach Wohlverhaltensperiode und erteilter Restschuldbefreiung die Chance auf einen echten Neustart mit weißer Weste. Doch wird die Schufa diesem Urteil bereitwillig folgen? Eventuell macht es Sinn, einen spezialisierten Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Löschung zu beauftragen. Als Betroffener müssen Sie ihren Löschanspruch bei der Schufa bzw. der betreffenden Auskunftei selbst aktiv geltend machen - zumal das Urteil des OLG Schleswig noch nicht rechtskräftig ist. Aber es macht Hoffung: Seit langem sehen Rechtsexperten die Speicherung des Merkmals der Restschuldbefreiung im Auskunfteibereich sehr kritisch. Insofern stellt das aktuelle Urteil des OLG Schleswig für Betroffene nach erteilter Restschuldbefreiung die Chance dar, bald wieder komplett rehabilitiert zu sein. Noch jedoch kann die Schufa das Urteil von höchstrichterlicher Stelle prüfen lassen: Das OLG Schleswig hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

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